Aus der Chronik
Hier stellen wir aus unserer Dorfchronik in regelmäßigen
Abständen einige Auszüge vor.
Chronik - Leseprobe
Die Strickschule
Zur Vorbereitung der Schulmädchen auf das künftige Arbeitsleben wurde der dörfliche Schulunterricht im späten 19. Jahrhundert mit dem Handarbeitsunterricht, der so genannten „Strickschule“, erweitert. Die am 30. August 1898 geborene Lina Fischer, 1921 mit Gustav Reinhardt aus Wied verheiratet, erteilte jahrzehntelang in der Wieder Volksschule den Handarbeitsunterricht. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs, beschloss die Wieder Gemeindeversammlung (Gemeindevertretung) am 24. Januar 1948
„Die Handarbeitslehrerin Lina Reinhardt wurde für die hiesige Volksschule einstimmig wieder gewählt.“ Lina Reinhardt versah den Handarbeitsunterricht bis zur Auflösung der Schule in Wied
Quellen:
1) Beschlussbuch der Gemeindeversammlung Wied vom 1.6.1947 – 14.3.1953 (im Gemeindearchiv Wied).
2) Mitteilung von Herrn Wolfgang Jung (Wied), Enkel von Lina Reinhardt, am 12.1.2020.
Vor allem ist das Wetter schuld
Wie wird das Wetter? Diese Frage stellen sich Menschen Tag für Tag. Früher dachte die ländliche Bevölkerung dabei vorwiegend an das Wachsen und Gedeihen der Feld- und Gartenfrüchte. Heute hofft man eher auf günstiges Wetter für die Freizeitgestaltung. Unsere Vorfahren beobachteten beispielsweise das Verhalten der Tiere und versuchten hieraus entsprechende Vorhersagen abzuleiten. Zusätzlich fanden sie im Haus zahlreiche Hinweise auf die bevorstehende Witterung. So verkünden tief fliegende Schwalben Regenwetter. Dabei sind Insekten die eigentlichen Wetterkünder, da sie sich bei niederem Luftdruck in Bodennähe aufhalten. Hohe Luftfeuchtigkeit gibt ebenfalls einen Hinweis auf zu erwartenden Regen. Im Haus schickt der Niederschlag seinen Boten voraus: Wird die steinerne Kellertreppe feucht, so fängt es bald an zu regnen. Im Folgenden werden einige besondere Wetterereignisse betrachtet. Berichte über die lokalen Wetterkapriolen in den letzten 130 Jahren findet man in der Wieder Schulchronik zu Genüge.
1. Frühe Wetterkapriolen
Das Magdalenenhochwasser 1342
Mehrtägige extrem heftige Niederschläge um den 22. Juli (Tag der heiligen Magda-lena) 1342 ließen die Bäche und Flüsse Mitteleuropas extrem anschwellen. Mögli- cherweise handelte es sich um das schlimmste Hochwasser des gesamten zweiten Jahrtausends im mitteleuropäischen Binnenland, Magdalenenhochwasser genannt. Auch die Limburger Chronik berichtet hierüber 1): „In diesem Sommer war eine so große Überschwemmung der Gewässer durch den ganzen Erdkreis unserer Zone, die nicht durch Regengüsse entstand, sondern es schien, als ob das Wasser von überall hervor sprudelte, sogar an den Gipfeln des Berges, so dass (das Wasser) Gegenden bedeckte, wo es ungewöhnlich war.
Das Hitzejahr 1540
Als klimatologisches Extremereignis gilt die Dürre in Mitteleuropa 1540. Auf Basis von historischen Aufzeichnungen leiten Wissenschaftler ab, dass es sich um eine elfmonatige Periode handelte, während der es in Mitteleuropa kaum regnete und sich eine extreme Dürre ausbreitete 2).
Der Extremwinter 1739/40
Wahrscheinlich bedingt durch mehrere große Vulkanausbrüche erreichte die nachmittelalterliche „Kleine Eiszeit“ zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert ihren Höhepunkt. Damit kam es wieder zu dramatischen Kälteeinbrüchen. 1739/40 war wohl der strengste Winter im zweiten Jahrtausend. Er dauerte vom 24. Oktober 1739 bis zum 13. Juni 1740. Noch im April 1740 waren in Deutschland die Brunnen zugefroren. Erst am 13. Juni trat der letzte Frost auf. Dieser Extremwinter hatte dramatische Folgen für die Landwirtschaft 3).
Das Hochwasser von 1784
Als größte Überschwemmungskatastrophe der frühen Neuzeit in Mitteleuropa kann das Hochwasser von 1784 angesprochen werden. Die Stadt Neuwied – damals noch nicht im Schutze des Deiches – war von einer Überflutung und dem Eisgang vom 27. Februar bis zum 4. März in besonderem Maße betroffen 4). Auch der Wieder Schulchronist erinnerte im Überschwemmungsjahr 1925 an das Hochwasser im späten 18. Jahrhundert: „Herrscht doch hier (in Wied) ein Hochwasser, wie es seit 1784 nicht mehr gewesen ist.“
Die Hungerjahre 1816/17
Im April 1815 kam es auf der Insel Sumbawa in Indonesien zum Ausbruch des Vulkans Tambora. Diese Großeruption beeinflusste die Sonneneinstrahlung und zog eine Abkühlung der Erdoberfläche nach sich. Der nasskalte Sommer 1816 ging in die Wettergeschichte als das „Jahr ohne Sommer“ ein. Eine Hungersnot folgte, so dass die Jahre 1816/17 als so genannte Hungerjahre gelten 5).
Quellen:
1) R. Glaser: Klimageschichte Mitteleuropas. Darmstadt 2001. Seite 66.
2) SpiegelONLINE vom 2.7.2014: Letzter Zugriff: 29.12.2019.
www.spiegel.de/wissenschaft/natur/hitze-und-duerre-1540-katastrophe-in-europa-im-mittelalter-a-978654.html.
3) H. Priewer, G. Hachenberg: Meteorologisch bedingte Krisenzeiten im 18. und 20. Jahrhundertaus historisch-demographischer Sicht. Eigenverlag Steinebach an der Wied 2018. Seite 13.
4)Heimat-Jahrbuch Landkreis Neuwied 1976: A.Welker; „Nachricht von unerhört großen Wasserflutund dem schrecklichen Eisgang zu Neuwied 1784“. Seite 69.
5) Heimat-JahrbuchLandkreis Neuwied 2015: Dr. H. Priewer, M. Priewer, G. Hachenberg; Der Ausbruch des Tambora 1815 und die Auswirkungen auf die Neuwieder Region aus historisch- demographischer Sicht. Seite 178.